Erfurt – «Wieviel PS hat deiner?» – nicht nur beim Autoquartett ist das eine häufig gestellte Frage. Für viele hat die Leistung eines Autos nach wie vor einen hohen Stellenwert.
Betrachtet man jedoch die leistungsbezogenen technischen Daten eines Fahrzeugs, kommt man an einer weiteren physikalischen Größe nicht vorbei: dem Drehmoment. Doch was ist eigentlich wichtiger?
Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Denn die Bedeutung komme auf die konkrete Situation an, erklärt Fahrzeugexperte Christian Heinz vom Tüv Thüringen: «Grundsätzlich sind Leistung und Drehmoment eines Motors relative Kennzahlen, die erst im Zusammenspiel mit der Motordrehzahl weitere Rückschlüsse erlauben.»
Bei der Leistung handelt es sich im physikalischen Sinn um die Energie, die in einer gewissen Zeitspanne umgesetzt werden kann. Bei Fahrzeugen wird die Nennleistung in der Regel in Kilowatt (kW) angegeben, im Alltag spielt die alte Einheit der Pferdestärke (PS) aber weiterhin eine wichtige Rolle.
Geworben wird meist mit der Leistung
Die in Katalogen und Dokumenten abgedruckte Nennleistung beschreibt die maximal mögliche Leistung, die ein Verbrennungsmotor für gewöhnlich nur bei relativ hohen Drehzahlen kurz unterhalb der Maximaldrehzahl abgeben kann. Da im Alltag meist mit deutlich niedrigeren Drehzahlen gefahren wird, steht in der Regel auch weniger Leistung zur Verfügung.
Das Drehmoment gibt an, welche Kraft bei der Drehung auf die Antriebswelle wirkt. Es wird daher in Newtonmeter (Nm) angegeben. Das maximale Drehmoment liegt bei Verbrennungsmotoren bereits bei viel niedrigeren Drehzahlen als die maximale Leistung an.
Je höher das Drehmoment und je niedriger die dafür nötige Drehzahl, umso kraftvoller kann das Fahrzeug aus dem Drehzahlkeller beschleunigen. «Vor allem Autos mit Turbo-Dieselmotoren sind für ein hohes Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen bekannt. Dadurch sind sie auch besonders gut als Zugfahrzeug für Anhänger geeignet und erleichtern schaltfaules Fahren», erklärt Heinz.
Moderne Motoren gleichen vieles aus
Im Vergleich dazu haben Benziner ohne Aufladung bei niedrigen Touren ein viel geringeres Drehmoment. Sie benötigen höhere Drehzahlen, wenn der Fahrer kraftvoll beschleunigen will, so Heinz. «Moderne Ottomotoren mit Turbo- beziehungsweise Kompressoraufladung relativieren diesen Nachteil aber immer mehr, auch sie bieten bereits bei niedrigen Drehzahlen relativ viel Drehmoment.»
Und welche Rolle spielt nun die Nennleistung? «Sie ist der Indikator für die verfügbare Kraft des Motors, wenn dieser voll gefordert wird.» Wer wissen will, wie schnell ein Auto bei maximaler Beschleunigung ein bestimmtes Tempo erreicht – etwa von 0 auf 100 km/h, dem liefert ein Vergleich der Leistung in der Regel die besseren Indizien als ein Vergleich des Drehmoments.
«Bei einem solchen Manöver spielt hohes Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen schließlich kaum eine Rolle, weil sich der Motor permanent im obersten Drehzahlbereich befindet.»
Die Leistung wird meistens gar nicht ganz ausgenutzt
Verbrauch und Abgasverhalten der Motoren wird aber gerade im Wandel der Mobilität immer wichtiger. «Hersteller legen daher heute eher auf ein breites Drehzahlband wert, in dem ein möglichst gleichbleibend hohes Drehmoment anliegt, als dass die Motoren mit Blick auf maximale Leistung entwickelt werden», so der Experte vom Tüv Thüringen.
Denn im Alltag seien Fahrzeuge gefragt, die auf der einen Seite über einen hohen elastischen Bereich verfügen und bereits bei niedrigen Drehzahlen durchzugsstark gefahren werden können, und anderseits, aufgrund eines hohen Drehmoments bei niedriger Drehzahl eine sehr effektive und spritsparende Fahrweise ermöglichen.
Hohe Leistungsparameter sind eher dafür wichtig, um schnell zu beschleunigen und die maximale Geschwindigkeit zu erreichen. Das spielt zwar etwa am Stammtisch immer noch eine wichtige Rolle. In der Praxis bleiben die Leistungsreserven jedoch meist ungenutzt.
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(dpa/tmn)