Wolfsburg (dpa/tmn) – Fast zehn Milliarden Menschen bis zum Jahr 2050 und zwei Drittel davon in Städten: Glaubt man Prognosen wie denen der Vereinten Nationen, wird es zusehends enger auf der Erde.
Die Vorhersagen gehen davon aus, dass es bereits im Jahr 2030 mehr als 40 Städte geben wird, in denen mehr als zehn Millionen Menschen leben. Das hat nicht nur Auswirkungen auf unseren Alltag, sondern auch auf unsere Autos, glaubt Alexander Mankowski, der für Mercedes in die Zukunft blickt: «Denn die Megacities von morgen erfordern andere Mobilitätskonzepte und andere Fahrzeuge, als wir sie heute kennen.»
Angesichts der drangvollen Enge in solchen Millionen-Metropolen und der hohen Verkehrsdichte könnten kleine Autos nach der Einschätzung vieler Forscher eine große Zukunft haben. Doch begonnen hat der Umbau des Angebots offenbar noch nicht. Auch wenn Marktbeobachter wie Ben Butlin vom Analyse-Institut Jato Dynamics in Harrow (Großbritannien) zum Beispiel in Europa einen deutlichen Trend zu kleineren Fahrzeugen registrieren: Davon profitiert heute vor allem das sogenannte B-Segment. Dort geben VW Polo, Opel Corsa oder Ford Fiesta den Ton an. Es bemühen sich Neuheiten wie der Opel Karl, der neue Ford Ka+ oder der zurückgekehrte Smart Forfour um Aufmerksamkeit. In der Klasse darunter dagegen ist das Angebot seit Jahren nahezu unverändert. Eine Ausweitung ist nicht in Sicht.
Das kleinste Auto auf dem deutschen Markt ist und bleibt der Smart Fortwo mit seinen 2,69 Metern. Allerdings: Mit einem Grundpreis von 10 485 Euro ist er längst nicht auch das billigste Auto im Land.
Eine halbe Klasse darüber mit vier statt zwei Sitzen ausgestattet, stürzen sich schon deutlich mehr Autozwerge ins Stadtgewühl. Dazu gehören die beiden Drillings-Familien Toyota Aygo, Citroën C1 und Peugeot 108 ab etwa 9000 Euro auf der einen, und der frisch überarbeitete VW Up (ab 9850 Euro), der Seat Mii (8990 Euro) und der Skoda CitiGo (8970 Euro) auf der anderen Seite. Der eng mit dem Smart verwandte Renault Twingo kostet mit 9690 Euro gleich viel wie der Suzuki Celerio.
Weil diese Kleinwagen in der Regel nur auf Kurzstrecken unterwegs sind, würde sich ein Diesel kaum rechnen. So werden die meisten Minis nur als Benziner angeboten – oder gleich mit einem Elektroantrieb. Denn gemessen an der gesamten Auswahl, gibt es kein anderes Segment, in dem mehr Akku-Autos angeboten werden: VW baut seinen Kleinsten auch als e-Up, Daimler setzt nach einer Ankündigung von Entwicklungschef Thomas Weber zum Jahresende wieder alle Versionen des Smart unter Strom. Und Mitsubishi baut für dieses Segment mit dem EV sogar ein designiertes Elektroauto. Diesen EV kann man für 23 790 Euro nicht nur bei den Japanern kaufen, sondern es gibt das baugleiche Auto über eine Kooperation auch bei Peugeot für 19 390 Euro als Ion und bei Citroën für den identischen Preis als C-Zero.
Dass es auch unterhalb von Up & Co durchaus noch Luft für kleinere Autos gibt, zeigt aber nicht allein der Smart. Auch zahlreiche andere Hersteller haben in den vergangenen Jahren immer wieder Micro-Mobile für die Megacities präsentiert. Doch Studien wie der VW Nils oder der Mini Rocketman sind Einzelstücke geblieben. Die Chevrolet Electric-Network Vehicles (ENV) haben es nur in Versuchsflotten geschafft, den Toyota iRoad kann man lediglich im Carsharing fahren, und Grenzgänger wie der überdachten BMW-Roller C1 oder der elektrische Schmalspur-Zweisitzer Renault Twizy hatten allenfalls in der Nische Erfolg.
Aber das wird sich womöglich bald ändern, sind viele Trendforscher überzeugt. Zwar gibt es aktuell noch keine neuen Kleinstwagen-Projekte. Zumindest keine, über die bei den Herstellern schon öffentlich gesprochen wird. Doch spätestens, wenn in den ersten Städten voll autonome Fahrzeugflotten unterwegs sind, die ihre Passagiere wie Roboter-Taxis durch die Häuserschluchten kutschieren und sich ansonsten in Parkhäusern vor der Stadt bereit halten, könnte die große Stunde der kleinen Autos schlagen. Nicht umsonst ist der Prototyp des in Kalifornien entwickelten Google-Mobils ein für amerikanische Verhältnisse fast schon winziger Kleinwagen. Solche Szenarien als ferne Utopien abzutun, könnte womöglich ein Fehler sein, mahnt Johann Jungwirth, der die Digitalisierung im VW-Konzern verantwortet: «In den ersten Städten werden wir das früher erleben, als heute alle denken.»
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(dpa)