Bonn – Wer mit seinem Auto in winterliche Straßenverhältnisse gerät, beherzigt zu allererst Folgendes: Fuß vom Gas. Doch es gilt auch, klassische Fehler zu vermeiden.
«Egal ob Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch oder Reifglätte – hier sollte man auch immer abrupte Lenk- und Bremsbewegungen vermeiden», sagt Hans-Jürgen Drechsler vom Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk. Denn dies sorge erst dafür, dass der Wagen richtig ins Schleudern geraten könne. «Wer langsam fährt und mit der richtigen Bereifung unterwegs ist, behält auch in schwierigen Situationen eher die Kontrolle.»
Wer bei solchen Verhältnissen immer noch auf Sommerreifen unterwegs sei, riskiert nicht nur ein Bußgeld, er gefährdet auch sich und andere im Straßenverkehr, sagt Herbert Engelmohr vom Automobilclub von Deutschland (AvD). «Die Straßenverkehrsordnung schreibt bei winterlichen Straßenverhältnissen eine Bereifung vor, die mit dem Alpine-Symbol gekennzeichnet ist.» Sommerreifen, und seien sie noch so gut, sind dann nicht mehr ausreichend. Denn die Fahreigenschaften von Winterreifen unterscheiden sich vor allem bei niedrigen Temperaturen deutlich.
«Winterreifen haben eine andere, kälteflexiblere Mischung, damit das Gummi auch im Winter noch geschmeidig ist», erklärt Klaus Engelhart vom Reifenhersteller Continental. Auch das Profil sei deutlich unterschiedlich: Bei Sommerreifen dominieren breite Blöcke und Profilbänder. Winterreifen hätten eine Vielzahl von Blöcken mit filigranen Einschnitten, den so genannten Lamellen. «Beides gemeinsam sorgt für viele Griffkanten, die der Reifen zur Verzahnung mit Schnee oder Eis benötigt.» Eine Restprofiltiefe von mindestens 4 Millimetern sei jedoch notwendig, damit die Winterpneus richtig funktionieren. Eine absolute Rutschfreiheit garantieren allerdings auch sie nicht.
Es gilt, die Fahrweise an die winterlichen Straßen anzupassen. «Man sollte grundsätzlich vorsichtig und vorausschauend fahren», rät Engelmohr. Der Sicherheitsabstand zum Vordermann etwa ist nun besser besonders groß. Denn auf einer rutschigen Straße sei der Bremsweg länger. Mehr Abstand hilft, um gegebenenfalls noch besser ausweichen beziehungsweise anhalten zu können.
Um ein besseres Gefühl für die Verhältnisse und das Fahrverhalten zu bekommen, können Autofahrer bei geringer Geschwindigkeit auch einen kurzen Bremstest auf freier Strecke machen. «Dadurch erhält man einen besseren Eindruck davon, wie es um den Bremsweg bestellt ist und wie gut die Reifen greifen», sagt Engelhart.
Auch ein Blick auf das Außenthermometer verrät eine Tendenz: Bereits ab drei Grad kann es kritisch werden. Was abends als Regen heruntergekommen ist, kann dann morgens schon als Schnee auf den Straßen liegen. «Autofahrer sollten dann in jedem Fall deutlich mehr Zeit für die Fahrt zur Arbeit einplanen», rät Engelmohr. Denn Zeitdruck und winterliche Straßen passen nicht gut zusammen.
«Generell ist eine Schneedecke ein Untergrund, auf dem man gut fahren kann», sagt Engelmohr, «wer allerdings zu stark beschleunigt, schnell in die Kurven fährt oder heftig bremst, riskiert, die Kontrolle zu verlieren.» Passiert dies, treten Autofahrer auf jeden Fall die Kupplung oder stellen die Automatik auf neutral, damit der Motor das Fahrzeug nicht weiter anschiebt.
Gleiches gilt auch für das tückische Blitzeis, das bei einem Wetterumschwung in kürzester Zeit die Straße spiegelglatt werden lassen kann. Hier rät der ADAC zudem dazu, vorsichtig im zweiten Gang anzufahren, damit die Reifen nicht durchdrehen. Auch tabu: ruckartig Gas geben oder wegnehmen. Denn beides kann dafür sorgen, dass der Wagen ins Rutschen gerät. Generell sollten Autofahrer auf glatten Straßen immer eher untertourig unterwegs sein, da die Reifen so besser greifen können.
Einig sind sich alle Experten, dass Fahrersicherheitstrainings eine gute Ergänzung sind. «Denn hier lernt der Autofahrer insbesondere in Gefahrsituationen das Fahrzeug zu beherrschen und richtig zu reagieren», sagt Drechsler. Vor allem auch Pendler, die viel unterwegs sind, könnten davon profitieren. «Durch Sicherheitstrainings kann man sich das eigene Routineverhalten bewusst machen und angemessene Reaktionen in Gefahrensituationen üben», sagt Engelmohr. «Wintertrainings helfen zudem dabei, Funktionen wie ABS und ESP richtig anzuwenden und die Gefahren im Winter besser einzuschätzen», ergänzt Engelhart.
Sind meine Winterreifen noch gut?
Wer nicht sicher ist, ob die Winterreifen noch gut genug sind, kann folgende Faustregel beachten: Die Profiltiefe sollte noch mindestens vier Millimeter betragen und das Alter zehn Jahre nicht überschreiten. «Ein Verfallsdatum gibt es für Reifen nicht, ab diesem Alter jedoch sollte sich ein Fachmann die Bereifung einmal ansehen», sagt Hans-Jürgen Drechsler vom Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk. Die DOT-Kennzeichnung auf der Seitenwand des Reifens gibt Auskunft über das Herstellungsdatum.
Für Drechsler stellen Ganzjahresreifen keine echte Alternative zu Winterreifen dar: «Ganzjahresreifen sind ein Kompromiss und erreichen weder im Sommer noch im Winter die Performance-Eigenschaften der Spezialisten», sagt er. Geeignet sie daher eher für Zweit- oder Drittfahrzeuge, die in erster Linie im innerstädtischen Bereich und mit geringer Laufleitung zum Einsatz kämen.
Fotocredits: Uwe Anspach,Tobias Hase,Klaus-Dietmar Gabbert
(dpa/tmn)