München (dpa/tmn) – Noch vor 20 Jahren gehörten Reserverad und Wagenheber zum Standard bei Neuwagen. Heute verzichten viele Hersteller darauf und legen ein Reparatur-Kit in die Reifenmulde im Kofferraum. Einer der Hauptgründe: immer weniger Reifenpannen.
«Im Schnitt erwischt es jeden Autofahrer nur alle zehn Jahre», sagt Ruprecht Müller vom ADAC. Weil ein Reserverad aber auch viel Platz wegnimmt und durch zusätzliches Gewicht Mehrverbrauch bedeute, verzichten viele Hersteller inzwischen darauf. Ein weiterer Grund: die immer größeren Abmessungen der Räder.
«Vor zwei Jahrzehnten hatten wir selbst in der oberen Mittelklasse häufig Formate wie 175/60 auf 15-Zoll-Felgen», sagt Josef Schloßmacher von Audi. «Heute gibt es selbst bei Klein- und Kompaktwagen nicht selten Radgrößen von bis zu 18 Zoll mit 225er-Bereifung». Das erschwere auch die Handhabung.
Als Alternative haben sich Reparatursets, sogenannte Tire-Kits, durchgesetzt. Hier wird ein Dichtmittel mithilfe eines kleinen Kompressors in den Reifen geblasen. «Diese Reifenreparatursets ermöglichen eine komfortable und sichere Schnellreparatur sowie anschließend die Weiterfahrt mit maximal 80 km/h in die Werkstatt», sagt Schloßmacher. Aber «die Anwendung ist mitunter schwierig, weil bei manchen Sets der komplette Ventilansatz herausgenommen werden muss», sagt Müller.
Laut Klaus Engelhart vom Reifenhersteller Continental können Dichtmittel-Kits Beschädigungen bis zu einem Durchmesser von sechs Millimetern abdichten. Wichtig ist aber, dass Autofahrer nach dem Einbringen des Dichtmittels und dem Aufpumpen auf den Mindestluftdruck sofort weiterfahren, damit sich das Dichtmittel im Reifen verteilen und der Abdichtvorgang starten kann. Nach rund zehn Minuten sollte der Luftdruck dann erneut kontrolliert und nachjustiert werden.
Als Alternative kann ein Notrad dienen. Es ist schmaler als ein normales Reserverad und braucht so weniger Platz im Kofferraum. «Das ist ein klassischer Kompromiss, bei dem man allerdings auch selbst Hand anlegen muss», sagt Müller. Aber es bleibt das Sicherheitsrisiko, das mit einem Radwechsel am Fahrbahnrand einhergeht. Außerdem muss ein Notrad immer über einen recht hohen Luftdruck verfügen, der deutlich über dem sonst üblichen von rund 2,5 bar liegt. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 80 km/h begrenzt.
Eine dritte Möglichkeit bieten sogenannte Notlaufreifen, besser bekannt als Run-Flat-Tires. «Diese Reifen verfügen über eine verstärkte Flanke, wodurch verhindert wird, dass der Reifen bei einem Luftverlust zusammenfällt», sagt Müller. Die Weiterfahrt ist daher trotz Plattfuß möglich. Montiert werden dürfen diese Reifen jedoch nur, wenn sie vom Autohersteller für seinen Typ auch freigegeben wurden. Außerdem muss das Auto über ein Reifendruck-Kontrollsystem (RDKS) verfügen. Denn ein schleichender Plattfuß kann bei einem Run-Flat-Tire ansonsten unbemerkt bleiben.
«Der Nachteil ist ihr höheres Gewicht, ihr etwas geringerer Komfort und der leicht erhöhte Rollwiderstand», sagt Engelhart. Zudem kostet die Run-Flat-Variante eines Reifens rund 40 bis 50 Euro mehr, wobei die Modellauswahl generell geringer ist.
Vorgeschrieben sind Reserverad, Notrad oder ein Reparatur-Kit übrigens nicht. Rechtsanwältin Daniela Mielchen rät aber, entsprechende Pannenhelfer in ordnungsgemäßem Zustand an Bord zu haben. «Man riskiert sonst unter Umständen ein Bußgeld wegen eines unzulässig langes Liegenbleiben an verbotener Stelle, wie etwa auf der Autobahn», so Mielchen.
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(dpa)