Osnabrück – Kinder bis zum zehnten Lebensjahr haften im Straßenverkehr grundsätzlich nicht. Allerdings können die Eltern für die verursachten Schäden ihrer Sprösslinge in die Haftung genommen werden, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben.
Das muss aber nicht der Fall sein, nur weil ein Achtjähriger ohne Begleitung auf der Straße radelte. Ist das Kind erfahren im Umgang mit Rad und Verkehr, bleiben Kläger im Einzelfall auf dem Schaden sitzen. Das zeigt ein Urteil des Landgerichts Osnabrück, über das die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet (Az.: 4 S 172/18).
Im konkreten Fall radelte ein achtjähriger Junge zu einem Freund. Den Weg fuhr er allein, wie schon so oft, denn es war auch sein Schulweg. Eltern und Lehrer hatten ihm Verkehrsregeln und die beim Radfahren bestehenden Gefahren genau erklärt. Auch hatten die Eltern auf einem Parkplatz geübt und gemeinsame Radtouren unternommen, bevor der Junge alleine fahren durfte.
An einer Kreuzung verursachte er an einem Auto einen Schaden in Höhe von 800 Euro. Diesen Betrag forderte der Autobesitzer von den Eltern, die seiner Meinung nach das Kind nicht hätten alleine auf der Straße fahren lassen dürfen. Die Sache ging vor Gericht.
Dort scheiterte der Mann. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Eltern ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt hatten. Im Grundsatz richte sich der Umfang der Aufsicht nach dem Alter, der Eigenart und dem Charakter des Kinds und der Gefährlichkeit des Verhaltens. Dass Kinder zur Selbstständigkeit und verantwortlichem Handeln erzogen werden sollten, muss dabei ebenfalls Berücksichtigung finden. Das schließt ein, dass sie auch im Verkehr ohne unmittelbare Aufsicht eigenverantwortlich agieren könnten.
Sind Kinder zwischen sechs und zehn Jahren alt, genügt nach Ansicht des Gerichts ein grober Überblick über deren Tun, wenn sie den Schulweg alleine zurücklegen. Bei Achtjährigen zumindest liege keine Aufsichtspflichtverletzung vor, wenn sie das Radfahren beherrschen und über die Gefahren aufgeklärt wurden. Und es darf keine vorangegangenen Vorfälle gegeben haben, was bei der konkreten Konstellation auch nicht der Fall gewesen war.
Fotocredits: Jens Kalaene
(dpa/tmn)