Kassel – Weniger treten, schneller fahren, entspannter ankommen. Fahrräder mit Elektroantrieb bieten einige Vorteile und werden immer beliebter. Laut dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) steigen die Verkaufszahlen jährlich um mehr als 10 Prozent.
2014 wurden rund 480.000 Pedelecs verkauft, 2017 bereits 720.000. Grund dafür ist auch das wachsende Angebot in allen Fahrrad-Klassen. «Anfangs gab es in erster Linie nur Citybikes mit E-Motor, inzwischen sind sogar Falträder, Liegeräder und Rennräder mit Motorisierung erhältlich», sagt Thomas Geisler vom Pressedienst Fahrrad (pd-f).
Bikes für den Alltag
Die größte Gruppe unter den Pedelecs sind aber nach wie vor die Cityräder, also bequeme Bikes für den Alltag mit eher kurzen Fahrstrecken. Die Bandbreite ist hier inzwischen sehr groß. Sehr beliebt sind auch Trekkingräder mit Motorisierung. Gerade in diesem Radwandersegment haben laut Geisler die Elektroräder dafür gesorgt, dass wieder längere Touren gefahren werden. «Paare, die beispielsweise früher mit dem Tandem unterwegs waren, weil der eine vielleicht nicht genug Kraft und Ausdauer zum Radeln hatte, entscheiden sich jetzt für zwei Pedelecs.»
Auch der ADFC stellt fest, dass der Elektromotor die Menschen mobilisiert. «Durch Pedelecs werden neue Zielgruppen erschlossen, für die das normale Fahrrad bislang nicht infrage kam. Mit dem Pedelec ist das Radfahren einfacher, es ist technisch faszinierend, und es taugt zum Statussymbol», sagt René Filippek vom ADFC. In jedem Fall seien die Stromfahrräder aktuell der Wachstumstreiber der Branche.
Aber es gibt auch kritische Stimmen. In der Mountainbike-Szene etwa befürwortet längst nicht jeder die Entwicklung. Auch Rennradfahrer, für die es seit kurzem ebenfalls erste E-Modelle gibt, argumentieren, dass nur mit reiner Muskelkraft gefahren werden dürfe. Besonders umstritten sind E-Fahrräder für die Kleinen. «Pedelecs für Kinder unter 14 Jahren sehen wir kritisch. Kinder entwickeln ihre Motorik, ihren Überblick über den Verkehr und ihre Leistungsfähigkeit nach und nach, und ein Pedelec wäre dann ein sehr starker Eingriff in diese Entwicklung und könnte Kinder überfordern», meint Filippek.
Lastenräder für die Familie
Im Kommen sind auch elektrounterstützte Lastenräder, denn sie sind im innerstädtischen Bereich besonders flexibel einsetzbar. Bei Kurier- und Lieferdiensten sind sie beliebt, aber auch bei Familien steigt die Nachfrage. Eine spezielle Variante bietet das Hamburger Start-up Nüwiel an, das einen Anhänger mit E-Motor entwickelt hat. Der Anhänger kann ohne großen Aufwand an jedes Fahrrad montiert werden und verwandelt es so in ein Lasten-E-Bike. «Der Lastenanhänger ist so konzipiert, dass er unabhängig von Alter oder Geschlecht mühelos von allen Menschen genutzt werden kann», erklärt Natalia Tomiyama von Nüwiel.
Ein 250 Watt starker Radnabenmotor schiebt nicht das Fahrrad an, sondern unterstützt durch eine patentierte Technik nur den Anhänger. Er nimmt eine Zuladung von 150 Kilogramm auf Größe einer Europalette auf und ist auch als Handwagen einsetzbar. Er geht jetzt in Serie und soll bei Post- und Paketzustellern sowie Handwerksbetrieben zum Einsatz kommen. Für die Zukunft ist eine kleinere Variante für Privathaushalte geplant. Günstig ist ein gutes E-Bike übrigens nicht. Laut Geisler müssen mindestens 2000 Euro investiert werden. «E-Lastenräder und E-Rennräder beginnen bei circa 3000 Euro.»
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(dpa/tmn)