Berlin – Sicht und Sicherheit – das sind die beiden alles bestimmenden Themen, wenn man nachts aufs Fahrrad steigt. Doch genau wie die Autohersteller hat auch die Bike-Branche längst erkennt, dass Licht ein Designmerkmal ist und man damit Zweiräder spektakulär in Szene setzen kann.
Vor allem in den USA, aber auch in China und in Europa sind deshalb in den vergangenen Jahren Start-up-Unternehmen aus dem Boden geschossen, die innovative Systeme auf den Markt bringen.
Dazu gehören etwa Laserprojektionen auf die Fahrbahn, wie sie jetzt auch der Fahrradhersteller Batavus für das Rücklicht bei einigen seiner Pedelecs vorgestellt hat. Der Strahler ist laut Hersteller im Akku des E-Bikes integriert und wirft mit zwei Lasern eine rote V-Form hinter das Fahrrad, die zu einer deutlich markierten Schutzzone wird. In Kombination mit dem normalen Rücklicht sei der Radfahrer so auf zwei verschiedene Arten zu erkennen und damit sehr viel deutlicher wahrnehmbar. «Das erhöht maßgeblich die Sicherheit», sagt Pressesprecherin Birgit Greif.
Auf eine ganz ähnliche Lösung setzt das US-Unternehmen xFire, das für 30 Dollar (rund 28 Euro) plus Versand eine Rückleuchte verkauft, in der fünf Laserdioden integriert sind. Wie ein normales LED-Licht an der Sattelstange befestigt, zieht diese Lampe laut Hersteller einen auf mehr als einen Kilometer hin sichtbaren Korridor aus roten Linien um den Radler und weist so quasi eine Schutzzone aus.
Nach vorn blickt das englische Unternehmen Blaze. Denn wer bei dem Start-up für 150 Euro das neue Laserlight bestellt, bekommt nicht nur eine leuchtstarke LED-Lampe für den Lenker. Sondern zum weißen Lichtkegel wirft das Zubehör mit grünem Laserlicht auch noch eine Fahrradsilhouette auf den Boden. Sechs Meter voraus soll sie vor allem im Stadtverkehr an Kreuzungen oder Engstellen auf den Radfahrer aufmerksam machen und zum Beispiel Fußgänger warnen.
Andere setzen allein auf den Showeffekt. So wie man früher Spielkarten oder Strohhalme in die Speichen gesteckt und damit Lärm erzeugt hat, setzen sich die Räder bei Monkey Lectric oder Kino-Mo mit Licht in Szene. Monkey Lectric aus San Francisco hat dafür etwa ein halbes Dutzend Systeme entwickelt, die ab 50 Dollar (rund 47 Euro) über das Internet versandt werden. Dann gibt es jeweils ein LED-Modul, das zwischen die Speichen geschraubt wird. Dreht sich das Rad, sieht man die Lichtpunkte als Leuchtspuren. Weil die Elektronik die einzelnen Dioden abhängig von Geschwindigkeit und vorgewähltem Programm an- oder ausschaltet, lassen sich so unterschiedlichste Muster erzeugen.
Wie weit das gehen kann, zeigt das neue Monkey Light Pro, das im EU-Versand 1090 Dollar (rund 1022 Euro) kostet, 256 LED auf vier Modulen bietet und über eine App gesteuert fotorealistische Bilder und Videosequenzen auf die Felgen projiziert. Das ist offenbar auch für die Werbeindustrie interessant. Denn von London aus vertreibt das Unternehmen Kino-mo eine ähnliche Technologie als rollende Reklame.
Dass man mit solcher Technik nicht nur Show machen, sondern dramatisch die Sicherheit erhöhen kann, wollen die Revolights aus Kalifornien beweisen. Der Hersteller nutzt vorne vier weiße und hinten vier rote LED-Klammern für die Felgen, die ebenfalls geschwindigkeitsabhängig programmiert sind und für jeweils rund 100 Dollar (rund 94 Euro) die konventionellen Lampen ersetzen. Im Stand noch einzelne Lichtpunkte, verschmelzen sie beim Fahren zu gleißenden Sicheln, die an die Lichtrenner aus dem Science-Fiction-Film «Tron» erinnern.
Eine ganz andere Beleuchtungsidee schwappt gerade aus den USA nach Europa: die Bike-Balls. Analog zu den imitierten Bullenhoden, die amerikanische Pick-up-Fahrer gerne als Symbol ihrer Männlichkeit an der Anhängerkupplung baumeln lassen, gibt es jetzt für etwa 20 Euro auch ein entsprechendes Imitat für Fahrradfahrer, aus dem auf Kopfdruck rote Leuchtdioden strahlen oder blinken.
Aber egal wie bunt man es an seinem Bike treiben möchte, muss man dabei ein paar Regeln beachten, bremst Hans-Georg Marmit von der Sachverständigenvereinigung KÜS den Elan der farbenfrohen Nachtradler. «Die Signalisation an Fahrzeugen, die am Straßenverkehr teilnehmen, ist in der Straßenverkehrsordnung klar geregelt – egal ob Auto oder Fahrrad», sagt der Experte. «Vorne ist das Licht weiß, hinten rot. Alle anderen Farbspielereien sind nicht erlaubt.» Damit dürfte das Gros der bunten Lichteffekte zumindest im öffentlichen Betrieb auf deutschen Straßen ausscheiden, urteilt der KÜS-Mann. Und dass die Projektionen in den Speichen ähnlich bewertet werden wie die Katzenaugen, kann er sich nur schwerlich vorstellen. «Wie immer, ist nicht alles erlaubt, was Spaß macht». Er rät zum kritischen Blick auf die entsprechenden Prüfzeichen, die solche Produkte tragen sollten. Wer unsicher ist, den verweist er an den Fachhandel oder die Fahrradclubs und warnt vor übereilten Entscheidungen: «Spontankäufe im Internet sind da auf jeden Fall nicht sonderlich zielführend.»
Auch vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) in Berlin gibt es mahnende Worte: «LED für die Speichen, Blinker und andere Gadgets: Da sind viele originelle Ideen dabei», sagt Pressesprecher René Filippek. Und im Grunde könne man gegen mehr Licht am Fahrrad ja nichts haben, weil man besser gesehen wird. «Aber leider ist Sehen nicht immer auch Erkennen.» Bunt blinkende Lichter mögen auffällig sein. Aber wenn ein Autofahrer dann nicht auf Anhieb erkennen könne, was er da vor sich habe, werde er womöglich abgelenkt und verliere andere Dinge aus den Augen. «Und das kann dann natürlich gefährlich werden», sagt der ADFC-Mann: «Daher ist mehr Licht eben nicht grundsätzlich mit mehr Sicherheit verbunden.»
Fotocredits: MonkeyLectric,Blazelight,Revolights,MonkeyLectric,MonkeyLectric,Batavus,Bike Balls
(dpa/tmn)