Genf – Wer mal eben schnell irgendwo hin muss, fährt wohl eher keinen Bugatti. «Heute benutzen unsere Kunden die Fahrzeuge nicht, um von A nach B zu fahren, sondern um von A nach A zu fahren», sagt Stephan Winkelmann, der Chef der Edelmarke. Bugatti muss man nicht fahren – man will.
Und wenn solche Kunden irgendwo auf ihre Kosten kommen, dann beim Automobilsalon in Genf. Zwar stehen auch hier die großen Themen der Branche im Mittelpunkt, Konzepte für die sogenannte Shared Mobility, also die geteilte Mobilität, und automatisiert fahrende Autos.
Vor allem hier sind aber auch in diesem Jahr wieder viele Hersteller vertreten, deren Kunden nichts ferner liegt, als ihr Auto, das nicht selten so viel kostet wie ein Einfamilienhaus, mit irgendwem zu teilen. Und Experten sind überzeugt, dass diese Nische eher größer als kleiner wird. «Es gibt immer mehr reiche Menschen, die sich etwas Besonderes gönnen wollen», sagt der Branchenexperte Peter Fuß vom Beratungsunternehmen Ernst & Young. «Und das wollen sie auch zeigen.»
Und so ist Bugatti keineswegs allein in Genf. Lamborghini und Bentley, beide ebenfalls zum VW-Konzern gehörend, haben ihre Stände in Sichtweite aufgebaut. Auch Ferrari, Maserati und Rolls Royce sind da – oder die russische Luxuswagenmarke Aurus. Dazu kommen viele kleine Hersteller mit wenigen, aber teuren Modellen mit manchmal doch arg protziger Optik. Äußerst exklusiv ist bei diesen Marken selbst der Zugang zum Messestand. Während die Besucher bei anderen Marken nach Lust und Laune zwischen den Wagen herumschlendern dürfen, hält sie bei vielen Luxusschmieden ein gläserner Zaun auf Abstand.
Nur 70 bis 80 Fahrzeuge liefert Bugatti pro Jahr aus. Preise: von 2,5 Millionen Euro an aufwärts. «Wir haben keinen Mangel an Nachfrage», sagt Winkelmann. «Der Divo kostet 5 Millionen netto, 40 Stück sind geplant, alle ausverkauft. Der La Voiture Noire ist ein Einzelstück, verkauft für 16,7 Millionen. Dann haben wir noch eine Sonderserie von 20 Exemplaren, Stück je 3 Millionen, sind auch alle verkauft.»
Dass das Interesse der Kunden am Premium-Segment mal erlahmen könnte, weil sich gerade junge Leute vom Auto abwenden, fürchtet auch Lamborghini-Chef Stefano Domenicali nicht. Eher im Gegenteil. 3815 Autos hat die Marke 2017 weltweit ausgeliefert und damit rund 933 Millionen Euro Umsatz gemacht. Im Schnitt sind das fast 245.000 Euro pro Auto. 2018 waren es dann schon 5750 Fahrzeuge – und in diesem Jahr sollen es um die 8000 werden. Die Kapazitäten im Werk in Italien wurden kräftig aufgestockt. «Es gibt in der jungen Generation die eine Seite, für die ein Auto einfach ein Mobilitäts-Tool ist», sagt Domenicali. «Und es gibt die andere Seite, in unserer Nische natürlich, die stolz darauf sein will, so ein Auto zu besitzen.»
Ein Lamborghini solle aber ein Lamborghini bleiben – also selten und teuer. «Es geht darum, die richtige Balance zwischen Wachstum und Exklusivität zu finden», betont Domenicali. «Wenn wir den Absatz nach oben treiben wollten, wäre das einfach.» Vor allem die Nachfrage nach dem neuen SUV namens Urus sei unglaublich hoch. «Aber diesen Weg wollen wir nicht gehen.» Im Vergleich mit Bugatti erscheinen die Zahlen von Lamborghini schon enorm. Aber zum Vergleich: Für 8000 Fahrzeuge braucht etwa Porsche keine zwei Wochen.
Branchenfachmann Ferdinand Dudenhöffer sieht die Premium- und Super-Premium-Hersteller ebenfalls nicht in Gefahr – sofern sie es denn schafften, Begehrlichkeiten und Besitzerstolz zu wecken. «Da will man dem Nachbarn zeigen, was man hat», sagt er. Natürlich könne man auch in diesem Segment über Sharing-Angebote nachdenken, aber dann eher bei Flugdiensten mit dem Hubschrauber oder dem Learjet – aber nicht beim Auto. «Zu glauben, alle führen morgen ein Standardauto, ist falsch», sagt Dudenhöffer.
Kategorisch ausschließen, dass die Marke sich irgendwann auch noch einmal etwas anders positioniert, will allerdings auch Bugatti-Chef Winkelmann nicht. Gründer Ettore Bugatti habe einst eigentlich jede Art von Fahrzeug gebaut, und auch er glaube, dass die Marke das Potenzial für eine weitere Modellreihe habe. «Die Chance besteht, und wenn wir in einer anderen Kategorie von Fahrzeugen präsent sein würden, dann hätten wir natürlich auch die Chance, alltagstaugliche Autos zu bauen – und dann könnte man sich durchaus vorstellen, auch Mobilitätsdienstleistungen anzubieten.»
Dass teure Autos allein kein Garant für große Profite sind, hat Dudenhöffer vergangenes Jahr auch mal ausgerechnet. Während vor allem Ferrari im ersten Halbjahr 2018 mit jedem Auto stolze 69.000 Euro Betriebsgewinn einfuhr, legte Bentley nach seiner Rechnung jeweils 17.000 Euro drauf.
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(dpa)