Flensburg – Einen Oldie zu fahren, ist in Deutschland so populär wie nie. Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) gab es zum 1. Januar
2019 insgesamt 474 561 Pkw-Oldtimer mit einem Alter von 30 Jahren und mehr. Anfang
2010 waren es erst 188 360 solche Auto.
Die Zahl hat sich binnen neun Jahren also deutlich mehr als verdoppelt. Der Zuwachs ist allerdings nicht nur mit der wachsenden Beliebtheit älterer Autos zu begründen. Auch die Entwicklung, dass der Fahrzeugbestand in Deutschland insgesamt seit Jahren zunimmt, trage dazu bei, erläutert ein Sprecher des KBA in Flensburg.
Und mit jedem Jahreswechsel bekommen die Oldtimer Zuwachs. Auch 2020 werden wieder viele Modelle 30 Jahre alt, und ihre ersten Exemplare qualifizieren sich damit für das H-Kennzeichen, das die Oldies tragen dürfen und das mit einer Steuerbegünstigung verbunden ist.
Unter den Kandidaten sind diesmal Edelsportwagen, ein kultiger Autozwerg und ein Modell, das als deutscher Vorläufer der ebenso beliebten wie mitunter geächteten Gattung der SUV gilt.
Für 14 Modelle gibt der Marktbeobachter
Classic Data eine Preiseinschätzung ab. Unterschieden werden die Erhaltungszustände 2 («Guter Zustand. Mängelfrei, aber mit leichten (!) Gebrauchsspuren») und 3 («Gebrauchter Zustand. Fahrzeuge ohne größere technische und optische Mängel, voll fahrbereit und verkehrssicher»). Ein Überblick:
– Ford Escort: Die Kompaktklasse des Herstellers kam 1990 in fünfter Auflage zu den Händlern – im Vergleich zum Vorgänger zwar deutlich gewachsen, jedoch mit 4,10 Meter fast 30 Zentimeter kürzer als ein heutiger Focus, dem Nachfolger im Segment. Der Preis für die fünftürige Limousine mit 77 kW/105-PS-Benziner und Katalysator im Erhaltungszustand 2: 1700 Euro (Zustand 3: 900 Euro).
– Audi 100 (C4): Noch bis 1994 gebaut, war der 100er der letzte seiner Art. Danach wurde das Modell der oberen Mittelklasse in A6 umgetauft. Die C4-Auflage gilt als die am sorgfältigsten gebaute, erstmals kam ein V6-Motor zum Einsatz. Preis für die Einstiegslimousine mit zwei Liter Hubraum und 74 kW/101 PS: 4900 Euro (Zustand 3: 2500 Euro).
– Opel Calibra: Viele Fans der Marke mit dem Blitz dürften dem runden Geburtstag des Rüsselsheimer Coupés entgegenfiebern – ist das aerodynamisch sehr gut konstruierte Modell (Cw-Wert von 0,26 im Windkanal) doch der Nachfolger des Manta. Zehn Jahre war der Calibra das windschlüpfrigste Serienauto der Welt. Technisch wurde der Calibra auf Basis des Vectra realisiert und ab 1990 produziert. Preis für den 2.0i mit 85 kW/115 PS: 5200 Euro (Zustand 3: 2400 Euro).
– Aston Martin Virage: Mit dem ultrateuren und beim Kunden floppenden Coupé (später auch Cabrio) wäre das britische Traditionsunternehmen Aston Martin fast untergegangen. Heute ist der nur über wenige Jahre und in geringer Stückzahl produzierte Flitzer ein hoch gehandelter Klassiker. Preis laut Classic Data für das 228 kW/310 PS starke Coupé mit V8-Motor: 58 200 Euro (Zustand 3: 36 500 Euro).
– BMW 3er (E36): Die Mittelklasse der Münchner markierte im Vergleich zum Vorgänger beim Design eine deutliche Zäsur, zu erkennen zum Beispiel an den fortan unter Klarglas sitzenden Scheinwerfern oder dem hohen Heck. Fahrwerkstechnisch war das Modell ausgefeilter, doch gab es anfangs Qualitätsprobleme. Preis für den 316i, die 1,6-Liter-Version mit 73 kW/99 PS: 2800 Euro (Zustand 3: 1500 Euro).
– Renault Clio: Als Nachfolger des R5 begann die Ära des Clio als einem der erfolgreichsten Kleinwagen aus Frankreich. Heute fährt er bereits in fünfter Generation und jagt in Deutschland Konkurrenten wie dem VW Polo als im Vergleich etwas exotischeres Auto gebraucht wie neu einige Marktanteile ab. Preis für die 55 kW/75 PS-Version mit 1,4-Liter-Ottomotor und fünf Türen: 1600 Euro (Zustand 3: 1000 Euro).
– VW T4: Der Transporter erlebte 1990 eine technische Revolution. Erstmals wie ein Pkw mit quer eingebautem Front- statt Heckmotor und mit Vorderradantrieb bestückt, bot der «Bulli» nun eine durchgehende Ladefläche. Neu waren damals auch zwei verschiedene Radstände. Preis für den Saugmotordiesel mit 1,9 Litern und 44 kW/60 PS: 4200 Euro (Zustand 3: 2400 Euro).
– Lamborghini Diablo: Der italienische «Teufel», Nachfolger des legendären Countach, galt seinerzeit mit einer Spitzengeschwindigkeit von 325 km/h und dem Sprintvermögen von 0 auf 100 in 4,1 Sekunden als schnellster Serienwagen der Welt. Möglich machte es ein V12-Motor mit 5,7 Litern Hubraum und 362 kW/492 PS. Preis für den Sportwagen mit Mittelmotor und Scherentüren: 157 000 Euro (Zustand 3: 117 000 Euro).
– Mini Cooper: Bevor die Marke von BMW übernommen wurde, legte Mini unter der Regie von Rover im Jahr 1990 noch einmal eine sportliche Version des Autozwergs auf, wie sie es zuletzt in den 1970er Jahren gegeben hatte. Classic Data notiert für den winzigen Zweitürer mit 45 kW/61 PS einen Marktpreis von 11 000 Euro (Zustand 3: 7100 Euro).
– Audi Coupé S2: Der Wagen trat ein schweres Erbe an, denn der S2 folgte auf den legendären Quattro, mit dessen Sportversionen Walter Röhrl einst Rallye-Erfolge feierte. Der S2 fuhr mit Allradantrieb, sein Motor wurde vom Vorgänger abgeleitet. Limousine und Kombi kamen später. Preis für das Coupé mit dem 162 kW/220 PS starken Turbo-Reihenfünfzylinder: 24 800 Euro (Zustand 3: 13 800 Euro).
– Volvo 940: Seinerzeit galt das Modell als weicher gezeichnet als sein Vorgänger. Heute wirkt der Schwede aus der 900er-Reihe – ob Limousine oder Kombi – allerdings so kantig wie aus dem Bilderbuch klassischer Karosserien. Als 960 gab es ihn auch mit Sechszylinder-Reihenmotor. Der Preis für den 940 als Kombi mit 2,3-Liter-Reihenvierzylinder (96 kW/131 PS): 7900 Euro (Zustand 3: 3900 Euro).
– Mitsubishi Sigma: In Mitteleuropa in Vergessenheit geraten, bot die Limousine des japanischen Herstellers eine für ihre Zeit wegweisende Technik und großvolumige Motoren. Über die Bauzeit waren zum Beispiel Allradlenkung, ein elektronisch verstellbares Fahrwerk und später ein auf Lasertechnik basierender Abstandstempomat zu haben. Der Preis für die in Deutschland zunächst verfügbare V6-Version mit drei Litern Hubraum (130 kW/177 PS): 4000 Euro (Zustand 3: 1800 Euro).
– Lotus Elan SE: Die Produktion der Modellreihe lief 1989 an, in den Verkauf ging der britische Roadster mit Frontantrieb und 123 kW/167 PS starkem 1,6-Liter-Benziner im Folgejahr. Dank einer Karosserie aus Stahl und Kunststoff lag das Gewicht unter einer Tonne, dadurch waren die Fahrleistungen des offenen Zweisitzers mit einem Spitzentempo von 220 km/h beachtlich. Preis: 12 900 Euro (Zustand 3: 7500 Euro).
– Golf II Country Syncro: Allradantrieb, höhergelegte Karosserie, ein Kuhfänger vorne und am Heck wie bei Geländewagen ein Ersatzrad: Das ist eine der kuriosesten Varianten von Deutschlands seit Jahren meistverkauftem Fahrzeugen. Anders als beim Golf-Grundmodell lagen die Stückzahlen aber sehr niedrig – was das Modell, das als einer der Vorgänger der SUV gilt, zum gesuchten Sammlerobjekt macht. Der Preis für die Version mit 72 kW/98 PS: 11 300 Euro (Zustand 3: 6800 Euro).
Der Weg zum H-Kennzeichen
Auto- und Motorradfahrer können Oldtimer mit einem steuerbegünstigten H-Kennzeichen zulassen. Dies ist für alle Fahrzeuge möglich, die vor mindestens 30 Jahren erstmals in den Verkehr gekommen sind. Das Alter allein, für das nach ADAC-Angaben der Tag der Erstzulassung und nicht etwa das Baujahr entscheidend ist, ist allerdings nicht die einzige Voraussetzung. Es muss auch eine spezielle Begutachtung durch einen Prüfingenieur oder amtlich anerkannten Sachverständigen erfolgen.
Um zu bestehen, muss das Auto weitestgehend dem Originalzustand entsprechen und gut erhalten sein. Das H-Kennzeichen gilt dann für den Dauerbetrieb und auch für Umweltzonen. Es lässt sich mit einem Saisonkennzeichen kombinieren, was weitere Steuern spart.
Eine Alternative ist das sogenannte 07-Kennzeichen, mit dem der Oldtimer dann aber nur zu bestimmten Anlässen auf die Straße darf. Besitzer müssen hier ein Fahrtenbuch führen.
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(dpa/tmn)