Tokio – Fantasievoll und gewohnt poppig zeigt sich die Tokio Motor Show auch während der Transformation der PS-Branche.
Farben so grell wie die Neonreklame im Stadtteil Akihabara, die Formen so verspielt wie in Disneyland oder so futuristisch wie in einem Weltraumcomic und die Formate völlig ungewohnt.
Und ja, es gibt auch seriöse Premieren wie einen neuen Toyota Yaris, einen Mazda MX-30, den Nachfolger des Subaru Levorg oder die nächste Generation des Honda Jazz. Doch mehr Beachtung als diese Serienautos finden einmal mehr die vielen Studien, die sich auf dem Big Sight-Gelände vom 24. Oktober bis zum 4. November im Rampenlicht drehen.
Visionen dürften Realität werden
Das wirkt zwar auf den ersten Blick wie immer in Tokio. Doch gibt es im Vergleich zu den letzten Jahren einen entscheidenden Unterschied: Die meisten Visionen haben deutlich an Bodenhaftung gewonnen.
Und niemand zweifelt mehr daran, dass autonome Kleinbusse für den Stadtverkehr tatsächlich auf die Straße kommen könnten – wie der zu den Olympischen Spielen 2020 einsatzbereite Toyota E-Palette. Das gilt auch für elektrische Sportwagen in Westentaschenformat wie der ebenfalls bei Marktführer Toyota enthüllte E-Racer. Und ebenso für SUVs mit Steckdosenanschluss wie der Nissan Ariya oder der vom Autopiloten gesteuerte Flügeltürer Lexus LF30 sowie die Miniautos bei Daihatsu und Suzuki. Die auch Kei-Cars genannten Kleinwagen wirken wie frisch aus dem Kaugummi-Automaten gekullert.
Nur Elektromobilität? Die Japaner stellen sich breiter auf
Ein Unterschied zu den anderen Messen gilt der Frage des Antriebs. Wo in Europa oder China fast ausschließlich auf Akkuautos gesetzt wird, stellen sich die Japaner sehr viel breiter auf. Sie untersuchen mehr Möglichkeiten und lassen sich von der elektrischen Euphorie nicht vollends anstecken.
Honda zum Beispiel setzt deshalb nach wie vor auf den Hybridantrieb und rüstet die jüngste Generation des Kleinwagens Jazz künftig sogar serienmäßig damit aus. Toyota schwört unbeirrt auf die Brennstoffzelle und nimmt dem Mirai in der zweiten Generation mit seinem Design seinen Status als Sonderling. Und Mitsubishi experimentiert in der Studie MI-Tech sogar mit einem Plug-in-Hybriden der von einer Gasturbine gesteuert wird.
Natürlich kommen auch die Japaner nicht am E-Auto vorbei, fahren dabei aber trotzdem einen anderen Kurs. Sie machen nicht mit beim großen Wettrüsten von Tempo und Reichweite, sondern sehen den Stromer allenfalls in der Stadt und im urbanen Umfeld.
Toyotas erstes Elektroauto ist deshalb ein Kleinwagen vom Format des Smart, der gerade mal 100 Kilometer weit fährt und maximal 60 km/h erreicht. Und der für den Sommer avisierte Mazda MX-30 hat verglichen mit Audi E-tron & Co nur magere 103 kW/140 PS und bei 35,5 kWh Akkukapazität eine Reichweite von kaum mehr als 200 Kilometern – soll dafür aber auch nur knapp 34 000 Euro kosten.
Kaum ausländische Aussteller
Zwar steht die Motor Show in Tokio noch immer weit oben im internationalen Messekalender und hat wegen ihrer fantasievollen Premieren in der PS-Welt einen guten Ruf. Doch zumindest in diesem Jahr ist sie beinahe eine rein nationale Leistungsschau. Denn aus dem Ausland hat sich kaum ein Aussteller in die Hallen von Big Sight gekommen.
Aus Deutschland ist von den Großen nur Mercedes auf der Messe und zeigt dort mit der Studie Vision EQS und der gelifteten V-Klasse nur ein eingedampftes Programm der IAA. Und die einzige importierte Weltpremiere kommt ausgerechnet von BMW-Veredler Alpina, der in Tokio den B3 auf Basis des neuen Dreiers vom Stapel lässt.
Das Fehlen der Fremden mag viele Gründe haben, doch einen müssen sich Toyota & Co wohl selbst auf die Fahnen schreiben. Zumindest unter der Hand wird die Abstinenz in Asien bei VW, BMW oder Porsche auch damit begründet, dass die allermeisten Japaner vor ein paar Wochen schließlich auch die IAA geschwänzt hätten.
Fotocredits: Thomas Geiger,Thomas Geiger,Alpina,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger
(dpa/tmn)