Brauchen Elektrofahrräder mehr Zuwendung?

Göttingen – Haben Sie ein Fahrrad? Aber schon länger nicht mehr gefahren? Egal. Mit ein paar Handgriffen und Ersatzteilen lässt sich der alte Drahtesel aus dem Keller sicher wieder flott bekommen. Bei Elektrofahrrädern, die oft als Pedelecs oder E-Bikes bezeichnet werden, kann das nach einigen Jahren völlig anders aussehen.

Was ist, wenn der Akku hinüber und nicht mehr lieferbar ist? Wie viel Zuwendung brauchen E-Räder, bei denen der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) seit Jahren steigende Absatzzahlen verzeichnet?

Schlechte Pflege rächt sich schneller

Die grundsätzliche Pflege und Reparaturen laufen wie beim normalen Fahrrad ab. «Also genauso oft die Kette ölen, auf die Bremsen oder auf den Luftdruck achten», sagt David Koßmann vom Pressedienst Fahrrad (pd-f). Er rät aber dabei zu etwas mehr Achtsamkeit. So könnten aufgrund der stärkeren Antriebskraft ungepflegte Teile wie Kette oder Ritzel schneller verschleißen.

Schlechte Pflege rächt sich bei Elektrofahrrädern also früher. Je nach Ausführung, Gattung oder Motor sind sie schwerer als normale Räder. «Im Schnitt kann man von zwischen plus acht und zwölf Kilo ausgehen», sagt Koßmann. Das merken insbesondere die Reifen, die etwas schneller Gummi lassen, auch weil sie öfter ein höheres Tempo aushalten müssen.

Der Luftdruck muss stimmen

Der richtige Luftdruck und dessen penible Kontrolle sind daher umso wichtiger. Viele Reifen sind ab Werk für die höheren Belastungen ausgelegt und als Erstausrüstung am Rad. Diese Pneus werden oft als «E-Bike-tauglich» oder «E-Bike-ready» vermarktet. Wer Ersatz braucht, sollte darauf achten.

Bei der Pflege rät Tamara Winograd vom E-Rad-Komponentenhersteller Bosch dazu, groben Schmutz zwischen Kettenblatt und Lager zu entfernen. «Idealerweise putzt man sein Pedelec nach jeder E-Bike-Tour, damit sich der Schmutz nicht festsetzt. Also so oft wie möglich und nötig.» Der Hochdruckreiniger ist dabei tabu.

Generell bringen Radler ihr Gefährt besser einmal im Jahr zum Check in die Werkstatt. Das gilt auch für Elektrofahrräder – allerdings als Untergrenze. Wer etwa ganzjährig pendelt, bringt es lieber zweimal – im Frühjahr und im Herbst . zur Durchsicht, rät Koßmann.

Sensible Sensoren

Sie wollen losradeln, aber der Motor unterstützt nicht mehr – was nun? In den meisten Fällen geht nicht der Motor selbst kaputt. «Die sind ziemlich robust gebaut und auf lange Betriebsdauern ausgelegt», sagt Koßmann. Manchmal zeigt das Display einen Fehlercode an.

Ganz häufig ist nur etwas verstellt oder verdreht, etwa ein Sensor am Hinterrad, der die Geschwindigkeit misst. Deshalb kann man sich auch erst einmal gut selbst auf Fehlersuche begeben und das Internet befragen, falls einem ein Fehlercode unbekannt sein sollte.

Wartungsarme Motoren

«Prinzipiell sind Elektromotoren relativ wartungsarm und verschleißfrei», sagt David Eisenberger vom ZIV. Gängige einfache Störungen könnten zumeist vom Fachhändler behoben werden. Diese werden auf die entsprechenden Systeme auch geschult.

Bei größeren Defekten muss der Motor eingeschickt werden. Der Hersteller Bosch beispielsweise tauscht dann nach eigenen Angaben innerhalb der Gewährleistung die betroffene Einheit aus – es sei denn, dass unsachgemäßer Gebrauch ursächlich für den Defekt ist.

Antrieb ist für Schrauber tabu

Ein Austauschmotor außerhalb von Garantiefällen mache bei günstigen Modellen wirtschaftlich dagegen vermutlich keinen Sinn, meint David Eisenberger. «Der kann je nach Modell zwischen 800 und 1000 Euro inklusive Einbau kosten.»

Von Reparaturen in Eigenregie raten die Experten ab. «Die Antriebseinheit und auch die anderen Komponenten dürfen keinesfalls geöffnet werden», warnt Tamara Winograd. «Bei Öffnung der Komponenten erlischt jeglicher Gewährleistungs- und Garantieanspruch.»

Alte Nabenmotoren können überhitzen

Bei älteren E-Rädern und speziell bei Nabenmotoren kann zuweilen das System überhitzen – insbesondere bei längerer Bergauffahrt, wenn man nur ganz leicht tritt und den Motor die ganze Arbeit machen lässt.

«Dann reicht mitunter die Hitzeableitung nicht aus und der Motor schaltet ab», erklärt Koßmann. Er mag dieses Problem auch bei modernen Pedelecs nicht ganz ausschließen, speziell bei schweren Lastenrädern. Daher unbedingt die zugelassen Gesamtgewichte beachten.

Wie lange ein Motor hält, lässt sich pauschal nicht sagen, das hängt immer von der individuellen Nutzungsrealität ab. «E-Bikes sind ja auch erst seit fünf bis sieben Jahren ein großes Thema, da liegen dazu auch erst relative schmale Erkenntnisse vor», so Koßmann.

Lebensdauer abhängig vom Ersatzteilnachschub

«Von den Unterhaltskosten ist ein E-Bike sicherlich höher anzusiedeln als ein normales Fahrrad», erklärt Eisenberger. «Die Ersatzteilfrage sollten Kunden in Bezug auf Akku und Motor gleich beim Kauf ansprechen.»

Um auf der sichereren Seite zu sein, rät Koßmann zu Pedelecs, die mit Motoren großer Hersteller wie Bosch, Brose, Panasonic oder Yamaha fahren. «Bei einem E-Bike aus dem Internet mit China-Motor für 1000 Euro weiß ich nicht sicher, ob ich in vier oder gar in zehn Jahren noch Ersatzteile oder einen passenden Akku bekomme.»

Fotocredits: www.flyer-bikes.com,Tobias Hase,Tobias Hase,Sebastian Hofer,Klaus-Dietmar Gabbert,Robert Günther,www.hpvelotechnik.com,Paul Masukowitz
(dpa/tmn)

(dpa)