Reife gegen Kindchenschema: Der Renault Twingo gebraucht

Berlin (dpa/tmn) – Das ist nicht jedem Auto vergönnt: Schon als der Renault Twingo Anfang der 90er Jahre auf den Markt kam, startete er als Ikone. Das Design war frisch und niedlich.

Der Innenraum zeigte sich flexibel. Umlegbare Sitze konnten ihn in eine Liegewiese verwandeln. Doch dann kam der Bruch: Das im Einheitsbrei mitschwimmende Nachfolgemodell enttäuschte die Kritiker optisch auf ganzer Linie. Dafür legte der Nachfolger bei anderen Eigenschaften zu.

Eine lupenreine Empfehlung für Käufer ist der bis 2014 gebaute Twingo II dennoch nicht. Zwar ist er geräumiger und bietet mehr Sicherheitsausstattung als der Vorgänger. Doch krankt er oft schon früh an Mängeln, wie der «TÜV Report 2016» festhält.

Bei der ersten Kfz-Hauptuntersuchung (HU) fällt der Kleinwagen überdurchschnittlich oft mit ausgeschlagenen Spurstangenköpfen, brüchigen Achsgummis und undichten Antriebswellenmanschetten auf. Ein dunkles Kapitel sind auch die Bremsen: Schon frühzeitig beginnen laut Report die Leitungen zu rosten. Auch die Scheinwerfer lassen zu oft zu wünschen übrig.

Diese Schwächen sind offenbar aber so gut wie nie relevant für etwaiges Liegenbleiben am Straßenrand: Der ADAC stuft den Twingo II in seiner aktuellen Pannenstatistik durch die Bank weg als «sehr pannensicher» ein. Aber auch ihn plagten vereinzelt technische Aussetzer.

So dokumentiert der Autoclub für Autos der Baujahre 2011 Defekte an Kurbelwellensensoren, die Baujahre 2013 fielen mit feuchten Zündkerzen auf. Twingos, die 2008 vom Band liefen, sind häufiger von defekten Zündspulen betroffen. Ansonsten gibt es entladene Batterien zu verzeichnen (2007 bis 2012). Diese Pannenursache geht, wie bei anderen Autos auch, aber oft auf mangelnde Pflege seitens des Halters zurück.

Zwei Rückrufe trafen den Twingo II: 2011 mussten knapp 8000 Autos von 2010 aufgrund von Störungen in der Ventilsteuerung zurück in die Werkstätten. 2009 rief der Hersteller eine ähnliche Anzahl an Twingos wegen gebrochener Sitzschienenfedern zurück, der Fahrersitz konnte sich unbeabsichtigt verschieben.

1993 erblickte der Twingo die Autowelt. Das kann man fast schon wörtlich so sagen – wegen der von vielen Autofans geliebten Kulleraugen-Scheinwerfer. Der weit nüchternere Nachfolger kam 2007 zu den Händlern. 17 Zentimeter länger (3,60 Meter), bot er einen größeren Innenraum. Alle Modelle wurden ab Werk serienmäßig mit Frontairbags, Gurtstraffern und Seitenaufprallschutz ausgestattet, auch ABS und Bremsassistent waren ab Generation zwei immer an Bord. 2012 gab es ein leichtes Facelift.

2007, zum Start des Twingo II, nahm Renault erstmals Dieselmotoren unter die Haube. Sie leisten zwischen 47 kW/64 PS und 63 kW/86 PS. Die Benzinmotoren kommen je nach Baujahr und Ausführung auf 43 kW/58 PS bis 98 kW/133 PS im 16V-Modell. Erst mit der mit dem neuen Smart eng verwandten dritten Generation haben ab 2014 auch Dreizylinder Einzug gehalten. Die aktuelle Auflage ist anders als alle Twingos zuvor nun ein Fünftürer.

Wer einen gebrauchten Twingo II sucht, muss laut Preisbeobachter Eurotax Schwacke im Schnitt mindestens 3100 Euro anlegen. Dafür ist ein 2007er 1.2 Authentique mit 43 kW/58 PS zu haben. Solche Exemplare haben durchschnittlich um die 87 000 Kilometer auf dem Tacho. Für einen 1.6 16V 130 Gordini R.S. von 2013 mit 98 kW/133 PS sind noch etwa 9750 Euro einzuplanen – bei circa 33 000 Kilometern. Noch durchschnittlich 6650 Euro fallen für einen 2011er dCi 85 Rip Curl mit 63 kW/86 PS (78 000 Kilometer) an.

Fotocredits: Renault

(dpa)