Göttingen – Klirrende Kälte, pfeifender Wind und schauriger Regen – jetzt ab aufs Fahrrad? Nö, lieber nicht, sagen sich manche, die im Frühjahr und Sommer gerne radeln. Die Ausreden sind häufig: Zu kalt, zu ungemütlich, zu aufwendig, zu gefährlich. Stimmt’s?
«Das Fahrrad ist auch im Herbst und Winter das ideale Verkehrsmittel für kurze Strecken», hält Johanna Weidauer vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) dagegen. «Es bringt Kreislauf und Immunsystem in Schwung und macht mit der richtigen Ausrüstung und Vorbereitung richtig Spaß.»
So rät sie sowohl bei kurzen Strecken, wie zur Arbeit oder Uni, als auch bei längeren Touren auf das Zwiebelprinzip zu setzen. Hierbei hat der Radfahrer mehrere dünne Schichten an. «Wenn es zu warm wird, kann man problemlos eine Schicht ablegen, ohne zu frieren», so Weidauer.
«Die äußerste Schutzschicht sollte Wind und Regen abhalten. Darunter trägt man eine Isolationsschicht, mit der sich die Körperwärme speichern lässt», erklärt Gunnar Fehlau vom Pressedienst Fahrrad (pd-f) Darunter, direkt am Körper, rät er zu Kleidung, die die Feuchtigkeit vom Körper wegbringt. Beim Feuchtigkeitstransfer habe sich Merinowolle bewährt. Aber nicht nur der Torso, sondern auch die Gliedmaßen sollten Radler schützen. Das funktioniere mit warmen, festen Schuhen, Handschuhen, Helm und Mütze.
Mit reduziertem Tempo und Ruhe durch die rutschige Saison
Doch in der kalten Jahreszeit sollte man als Radfahrer nicht nur sein Outfit anpassen, sondern auch die Fahrweise. «Die Herausforderungen sind Laub, Nässe, Schnee und sogar Eis, die einen ins Rutschen geraten lassen können», so David Eisenberger vom Zweirad-Industrie-Verband (ZIV). Daher rät der Experte: «Tempo runter. Halten Sie mehr Abstand zu anderen Verkehrsteilnehmern. Fahren Sie vor allem in Kurven langsamer. Wegen der mangelnden Haftung sollten Sie nicht in der Kurve bremsen. Es sollte früher und vorsichtig gebremst werden.»
In diese Richtung geht auch Fehlaus Universaltipp: «Je garstiger der Winter, umso mehr Ruhe und Zeit sollte man sich nehmen.» Gerade wer zur Arbeit, Schule oder Universität pendelt, sollte früher losfahren, zum einen, weil die Bedingungen schwieriger seien, zum anderen, weil der Körper noch kalt sei.
Spezielle Winterchecks machen den Drahtesel fit
Für Sicherheit sorgen regelmäßige Checks. Wer das nötige Know-how hat, kann diese selber durchführen. Alle anderen sollten dafür in eine Fachwerkstatt fahren. «Viele bieten spezielle Winterchecks zu recht attraktiven Preisen von 40 bis 100 Euro an», so Fehlau.
Wer die Inspektion selbst macht, denen gibt Weidauer folgenden Ratschlag: «Licht, Reifen und Bremsen sollten am Ende des Sommers überprüft werden.» Wichtig sei auch, die Bremsbeläge regelmäßig auf ihre Materialstärke, also Dicke, zu checken. Denn im Winter verschleißen sie durch verschmutzte Felgen schneller.
Für die Reifen schlägt Gunnar Fehlau vor, es wie beim Auto zu handhaben und die Regel von O bis O – von Oktober bis Ostern – zu beherzigen. So könne man auf Winterreifen speziell fürs Rad wechseln, die über mehr Traktion, sprich Grip, verfügen und etwas breiter sind.
Den richtigen Druck machen
«Wer das nicht möchte, sollte zumindest den Luftdruck etwas absenken.» Auf den Reifen sind Minimal- und Maximaldruck ausgewiesen. Im Winter solle man Richtung Minimaldruck gehen. «Aber sobald das Fahrgefühl zu schwammig ist, ist der Druck zu niedrig», so Fehlau.
Fehlaus zweiter Ratschlag: «Senken Sie ruhig den Sattel um ein bis zwei Zentimeter ab. Das schafft mehr Kontroll- und Sicherheitsgefühl, auch wenn es einmal glatt ist.»
Nützliches Zubehör kann zudem das Radeln in der kalten Jahreszeit angenehmer machen. So nennt Eisenberger beheizbare Griffe und Sättel. Sie laufen beim E-Bike über den Akku und beim klassischen Rad über eine Batterie. Auch mit Schutzbrillen gegen Wind und Regen, Gesichtsmasken sowie Rundschals können sich die Radler wappnen.
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(dpa/tmn)